Wissen

Historische Parks und Gärten im Klimastress

Stand
AUTOR/IN
Anja Schrum und Ernst-Ludwig von Aster
Ernst-Ludwig von Aster und Anja Schrum
ONLINEFASSUNG
Candy Sauer

Die drei Hitzesommer haben auch in den aufwendig angelegten Schlossparks von Sanssouci in Potsdam oder in Schwetzingen ihre Spuren hinterlassen: Die Rinde der Rotbuchen ist abgeplatzt, viele Kronen der Sumpfzypressen sind zerstört.

Audio herunterladen (25,4 MB | MP3)

Der Klimastress gefährdet die jahrhundertealten Gartendenkmäler. Park-Planer suchen deshalb nach Ersatzpflanzen und erinnern sich an alte Gartenbautraditionen: Etwa die gezielte Bodenverbesserung und Wiederinbetriebnahme parkeigener Baumschulen, um standortangepasste Gehölze zu produzieren.

Klimanotstand im Schwetzinger Schlossgarten

Als einer der ersten Deutschlands wurde der Schwetzinger Schlossgarten ab 1777 von Friedrich Ludwig von Sckell (1750 - 1823) gestaltet. Der Gartenkünstler modellierte sanfte Wiesenflächen, pflanzte exotische Gehölze und legte überraschende Blickachsen an. Doch davon ist bald nicht mehr viel übrig.

Hartmut Troll hat für den Schwetzinger Schlossgarten den Klimanotstand ausgerufen. Der Leiter des Bereichs Historische Gärten der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg sagt, dass vor allem der „Landschaftsgarten im englischen Stil“ bedroht sei, der sich an die barocken Bosketten anschließt.

Schloss und Schlossgarten Schwetzingen. Die Pflanzen leiden unter der Trockenheit der letzten Hitzesommer.
Schloss und Schlossgarten Schwetzingen. Viele Pflanzen leiden unter der Trockenheit der letzten Hitzesommer.

Auf Sand gebaut: Ökosystem ist auf Niederschlag angewiesen

Einer der Gründe: Der Schwetzinger Landschaftsgarten wurde vor Jahrhunderten auf einem Ausläufer der sogenannten „Mannheimer Düne“ errichtet, also quasi „auf Sand gebaut“. Das Ökosystem bekommt wenig Wasser von unten und ist stark auf den Niederschlag angewiesen. Der aber hat sich im Lauf der Jahrzehnte verändert.

Hartmut Troll und seine Kolleginnen haben sich die Daten der letzten 80 Jahre angeschaut. In den 1950er-Jahren war die gesamte Niederschlagsmenge nicht größer als heute. Aber heute regnet es vor allem in der Vegetationsperiode zwischen April und Oktober zu wenig. Und das bei gleichzeitig steigenden Temperaturen. 2018, 2019, 2020 – drei heiße, trockene Sommer in Folge.

Schlossgarten Schwetzingen: Der Klimawandel zeitigt inzwischen auch in den Schlossgärten dramatische Folgen
Der Klimawandel zeitigt inzwischen auch in den Schlossgärten sichtbare Folgen

Vor „dramatischen Folgen des Klimawandels für historische Park- und Gartenanlagen“ warnte der Verein „Schlösser und Gärten in Deutschland“ bereits 2019. Vor allem die großen historischen Landschaftsgärten mit ihren alten Baumbeständen weisen massive Schäden auf. Durch heiße, trockene Sommer einerseits, aber auch durch plötzliche Starkregenfälle und hefte Stürme andererseits.

„Unser Wassersystem ist so lehmhaltig, dass die Wasserkörper der Teiche und der Kanäle quasi abgedichtet sind und der Einfluss nur minimal ist“, sagt Hartmut Troll
„Unser Wassersystem ist so lehmhaltig, dass die Wasserkörper der Teiche und der Kanäle quasi abgedichtet sind und der Einfluss nur minimal ist“, sagt Hartmut Troll

Baumstandort-Sanierung mithilfe von Terra Preta

Betroffen von der Trockenheit ist im Schwetzinger Schlossgarten u. a. eine über 120 Jahre alte Blutbuche. Um diese am Leben zu erhalten, haben Fachgutachter eine sogenannte Baumstandort-Sanierung empfohlen. Mit Pflanzenkohle, sogenannter Terra Preta, wird der Boden rund um gefährdete Bäume quasi geimpft. Denn Terra Preta speichert besonders gut Wasser und Nährstoffe. Außerdem wird versucht, das Wurzelwerk der Bäume zu stärken, etwa durch eine artenreiche Begrünung im Wurzelbereich, die wiederum Mikro-Nährstoffe liefern soll.

Steigende Temperaturen und weniger Niederschläge haben im Schwetzinger Schlossgarten massive Schädigungen verursacht. Die Bäume müssen gegossen werden, aber auch eine Baumstandort-Sanierung findet statt. u. a. mithilfe von Terra Preta.
Steigende Temperaturen und weniger Niederschläge haben im Schwetzinger Schlossgarten massive Schädigungen verursacht. Die Bäume müssen gegossen werden, aber auch eine Baumstandort-Sanierung findet statt. u. a. mithilfe von Terra Preta.

Land Baden-Württemberg gibt Geld für Schwetzinger Schlossgarten

Im Schwetzinger Schlossgarten hat man die stillgelegte Baumschule wieder in Betrieb genommen. Hier sollen gefährdete Bäume nachgezüchtet, Sämlinge des Altbestands, aber auch neue, trockenheitsresistentere Sorten erzogen werden. Der baden-württembergische Landtag hat jeweils 150.000 Euro für 2020 und 21 zur Verfügung gestellt für ein Sonderprogramm für Klimafolgenanpassung im Schwetzinger Schlossgarten.

Umwelt Parkanlangen leiden unter Klimastress

Viele der historischen Parkanlagen in Deutschland leiden einer Studie zufolge unter Klimastress und massiven Schädigungen. Grund seien die extremen Wetterphänomene der Jahre 2017, 2018 und 2019, heißt es in einer Studie der Technischen Universität (TU) Berlin. In der Folge sei es zu Astbrüchen, Entwurzelungen und auch zum Absterben ganzer Baumbestände gekommen.

SWR2 Impuls SWR2

Bäume und Wald: aktuelle Beiträge

Ökologie Aufforstung als Klimaschutz: Wer bestimmt, was mit dem Wald passiert?

Bäume pflanzen – das scheint die Geheimwaffe gegen den Klimawandel zu sein, als CO2-Senke. Der IUFRO-Report über die „International Forest Governance“ kommt zu dem Schluss: die Bedürfnisse der Menschen in den Wiederaufforstungs-Gebieten kommen zu kurz.
Stefan Troendle im Gespräch mit Prof. Daniela Kleinschmit, Forst- und Umweltpolitik, Uni Freiburg

Impuls SWR Kultur

Zoologie Halb Zebra, halb Giraffe: Warum das Okapi in Afrika bedroht ist

Ein Okapi ist, vereinfacht gesagt, ein Giraffenkörper mit den Beinen eines Zebras. Das Säugetier wurde erst vor 120 Jahren in Zentralafrika entdeckt und ziert heutzutage Geldscheine. Durch Jagd und Lebensraumzerstörung ist das Okapi in seinem Bestand gefährdet.

Impuls SWR Kultur

Klimawandel Pilotprojekt: Aussaat statt Umpflanzen – Streuobstwiese im Klimawandel

Die jungen Wurzeln von angepflanzten Apfelbäumen auf Streuobstwiesen reichen oft nicht bis zum Grundwasser, wodurch die Bäume in Trockenperioden leiden. Ein Pilotprojekt aus Spiegelberg sät deswegen spezielle Bäume aus, um das Wurzelwachstum früh zu fördern.

Impuls SWR Kultur

Klima: aktuelle Beiträge

Klimawandel Kann mehr Technologie das Klima retten?

Keine Verbote, kein Verzicht, sondern der technologische Fortschritt hilft beim Klimaschutz – sagt zumindest die FDP. Das Problem dabei ist der Rebound-Effekt: Zwar werden unsere Produkte zunehmend energiesparender, dafür konsumieren wir umso mehr, verbrauchen trotzdem mehr Energie.

Impuls SWR Kultur

Klimawandel Klimaflucht in Brasilien: Wenn das Wetter Existenzen zerstört

Der Klimawandel trifft den globalen Süden besonders hart – so auch Brasilien. Durch Extremwetter müssen die Menschen dort vor Überschwemmung und Starkregen fliehen. Oft ist die Bevölkerung aber sehr arm und kann sich eine Flucht kaum leisten.

Impuls SWR Kultur

Raumfahrt EarthCARE-Mission: ESA startet Satelliten zur Erdbeobachtung

Welche Auswirkungen hat das menschliche Handeln auf unsere Welt? Diese Frage versucht die bisher komplexeste Mission der ESA – EarthCARE – zu beantworten. Dafür startet der gleichnamige Erdbeobachtungssatellit in die Umlaufbahn.

Impuls SWR Kultur